Kündigungs- und Rücktrittsrecht

Gem. § 651h BGB kann der Reisende jederzeit, ohne die Angabe von Gründen, von der Reise zurücktreten. In einem solchen Fall verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf die Zahlung des Reisepreises und muss eine etwaige Anzahlung zurückzahlen. Er kann jedoch vom Reisenden gem. § 651h BGB eine entsprechende Entschädigung, die sog. Stornogebühr erlangen. Sie setzt sich aus dem ursprünglichen Reisepreis abzüglich dessen, was der Reiseveranstalter durch die Nichtteilnahme des Reisenden eingespart hat, zusammen. Dazu gehören z.B. weggefallene Verpflegungskosten. Des Weiteren muss der Veranstalter die Einnahmen von den Stornogebühren abziehen, die er durch den anderweitigen Verkauf der Reise oder einzelner Reiseleistungen einnimmt. Dabei ist der Reiseveranstalter verpflichtet, den infolge des Rücktritts nicht besetzten Platz anderweitig zu besetzen, sofern ihm dies möglich ist. Tut er dies nicht, so muss er sich den objektiv möglichen Erwerb anrechnen lassen. Ist die Reise trotz des Rücktritts vollständig ausgebucht, können dem Reisenden nur die Umbuchungskosten in Rechnung gestellt werden. Auch eine, in einem Prozentsatz des Reisepreises berechnete, pauschale Rücktrittsentschädigung, kann in dem Reisevertrag oder den AGB des Reiseveranstalters vorgesehen sein. Diese muss jedoch der Höhe nach angemessen sein, da die Vereinbarung ansonsten als unwirksam gilt. Für die Beurteilung, ob eine solche Vereinbarung der Höhe nach angemessen ist, werden die Aufwendungen, die dem Veranstalter bei der jeweiligen Reise üblicherweise erspart geblieben sind, herangezogen. Der Reiseveranstalter kann jedoch gem. § 651h III BGB keine Stornogebühren verlangen, wenn „am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, welche die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen“. Ein solcher Fall liegt z.B. bei Naturkatastrophen, Seuchen (wie z.B. dem Coronavirus), politischen Unruhen und Terroranschlägen am Urlaubsort vor. Ein Indiz für solche außergewöhnlichen Umstände können zudem die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sein. Waren dem Reisenden die außergewöhnlichen Umstände bei der Buchung jedoch bekannt, kann der Reiseveranstalter dennoch Stornogebühren erheben.

Gem. § 651 l I BGB kann der Reisende den Vertrag kündigen, sofern die Pauschalreise durch den Reisemangel erheblich beeinträchtigt wird. Als Reisemangel sind dabei alle nach dem Vertragsschluss auftretenden Störungen der Reise anzusehen. Dazu gehören jedoch nicht die Störungen, die durch den Reisenden selbst verursacht worden sind oder solche Störungen, die zu einem allgemeinen Lebensrisiko gehören. Unter einen Reisemangel versteht man nicht nur die Schlechterfüllung, z.B. wenn der Reisende in einem Zwei- statt Drei-Sterne-Hotel untergebracht wird, sondern auch Fälle, in denen die geschuldete Leistung gar nicht oder unangemessen verspätet erbracht wurde. Durch den Mangel muss die Reise zudem erheblich beeinträchtigt werden. Dies ist meistens dann der Fall, wenn der Reisepreis aufgrund eines Mangels um mindestens 50% gemindert werden könnte. Jedoch kann auch in manchen Fällen eine Minderungsmöglichkeit von 20% ausreichen. Eine Orientierungshilfe, welche Minderung für welchen Mangel angemessen ist, lässt sich in der sog. Frankfurter Tabelle finden. Beispiele für einen Reisemangel sind z.B. Bau- oder Straßenlärm vor einem als „ruhig gelegenen“ gebuchten Hotel, Ausfall des Service im Hotel durch einen Streik des Personals, Verlust des Reisegepäcks für einen Großteil der Reise etc. Des Weiteren muss die Durchführung oder Fortsetzung der Reise für den Reisenden unzumutbar sein. Dabei ist immer auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Eine Reise ist z.B. für eine gehbehinderte Person unzumutbar, wenn das gebuchte Hotelzimmer nicht im Erdgeschoss, sondern im 1.Stock liegt und der Aufzug nicht vorhanden oder defekt ist. Der Reisende muss dem Reiseleiter den Mangel zudem angezeigt und ihm eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gegeben haben. Davon kann abgesehen werden, wenn die Beseitigung des Mangels vom Reiseleiter abgelehnt wird oder eine Beseitigung des Mangels nicht möglich bzw. aussichtslos ist. 

Des Weiteren können beide Parteien den Vertrag außerordentlich oder aus einem wichtigen Grund kündigen, wenn ihnen ein weiteres Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Dieses Kündigungsrecht leitet sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB ab. Ein solcher Fall liegt z.B. vor, wenn der Reisende nach einer erfolgten Mängelanzeige durch das Hotelpersonal schikaniert oder bedroht wird. Für den Reiseveranstalter kann hingegen ein wichtiger Grund zur Kündigung bestehen, wenn der Reisende trotz Abmahnung das Hotelpersonal oder andere Reisende massiv belästigt.

Die Kündigung hat zur Folge, dass der Reisende die nicht mehr zu erbringenden Reiseleistungen des Reiseveranstalters nicht mehr bezahlen muss. Bereits geleistete Zahlungen sind dem Reisenden zu erstatten. Hinsichtlich der bereits erbrachten Reiseleistungen behält der Reiseveranstalter jedoch seinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreises. Zudem muss der Reiseveranstalter gem. § 651l III BGB die zur Vertragsaufhebung notwendigen Maßnahmen treffen, z.B. muss er den Reisenden zurückbefördern, falls der Vertrag die Rückbeförderung des Reisenden vorsah. Die daraus entstehenden Mehrkosten hat gem. § 651l III 2 BGB der Veranstalter zu tragen, wenn der Kündigungsgrund aus seiner Sphäre entstanden ist.